Tausende Flüchtlinge haben vor 80 Jahren die Grenze im Tessin überschritten. Viele sind in Brissago herübergekommen: Soldaten, Juden, politische Flüchtlinge, Partisanen. Mehrheitlich wurden sie aufgenommen, auch dank der Solidarität aus der Bevölkerung. Viele wurden jedoch aufgrund von Bundes-Direktiven abgewiesen.
Die Gruppo per la Memoria a Brissago 1943-45 organisiert zum Gedenken an diese Jahre regelmässig Anlässe, u.a. eine
Historische Konferenz
Samstag 27. Januar 2024,
Brissago, Sala Consiglio Comunale
mit Vorträge und Referaten u.a. von
Marino Viganò, Forscher
Adriano Bazzocco, Historiker
und Berichten von Flüchtlingen, Filmausschnitten und Berichten von Brissagern.
Hintergrund
Brissago war ein Ort der Hoffnung für Tausende von Schutzsuchenden. In der ganzen Zeit der aktiven Resistenza brachten sich Partisanen über die Schweizergrenze oberhalb von Brissago in Sicherheit und gingen auch von hier wieder nach Italien zurück in den Kampf. Insbesondere in den letzten Monaten von 1943 gelangten viele jüdische Flüchtlinge - meist nach beschwerlichen Fussmärschen via Cortaccio - nach Brissago und hofften so, ihr Leben zu retten. Die Mehrheit der Flüchtlinge wurde aufgenommen und verbrachte die darauffolgende Zeit oft in Internierungslagern: Frauen im Grand Hotel Brissago, Männer im Lager von Gordola, Soldaten im Lager in Losone, oder sonst wo in der Schweiz.
Aber nicht alle Flüchtlinge wurden aufgenommen, es gab auch viele Rückweisungen. Insbesondere im Herbst 1943 waren die fremdenpolizeilichen Weisungen aus Bern äusserst repressiv. Jüdische Flüchtlinge waren, mit einigen Ausnahmen wie Kinder und Schwangere, zeitweise nicht als bei Leib und Leben bedroht anerkannt. Im Locarnese wurden im letzten Quartal 1943 zeitweise ein Fünftel der gesuchstellenden jüdischen Flüchtlinge zurück-gewiesen10. In Brissago wurden die Abgewiesenen auf Wegen oberhalb Brissagos über die Grenze zurückgeschickt oder mit einem Boot über den See nach Dirinella gefahren und an die italienische Grenze eskortiert.
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